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Montag, 24. Oktober 2016

Spanien-1.Reise nach der Wende

vom 6.8.2010

Lassen wir mal die östlichen Länder wie Polen und CSSR weg, in die wir auch als gelernte DDR-Bürger reisen durften.

Die Mauer fiel, die Wende war da und wir durften endlich alles, wie arbeitslos werden und unsere Meinung sagen, natürlich nur politisch korrekt.

Und wir durften reisen. An den Amazonas, nach Papua Neuginea, in die Antarktis und in 80 Tagen um die Welt.

Bei mir begann es mit Spanien. Das hatte finanzielle Gründe, sonst wäre es lieber das andere Ende der Welt gewesen.

Die westlichen Reiseanbieter wußten genau, was dem Osten fehlte und überfielen uns mit den besten, billigsten und angesagtesten Reisezielen.
Fast möchte man meinen, zu dieser Zeit machten sich sämtliche ehemalige DDR-Bürger auf zu neuen Ufern und eine Völkerwanderung sondergleichen nahm ihren Anfang.
Der letzte machte das Licht aus.

Durch den großzügigen Umtauschkurs von Ostmark zu D-Mark waren wir auch nicht ganz mittellos. Denn in der DDR gab es ja nicht viel zu kaufen und man hatte sich einiges für den zukünftigen Trabbi oder die Waschmaschine angespart. Nur nebenbei...der bestellte Trabbi, auf den wir noch circa 11 Jahre hätten warten müssen, wurde uns plötzlich und unerwartet schon kurz nach der Wende offeriert, als abzusehen war, das die Trabbilaufbahn dem Ende entgegen ging. Wir hatten inzwischen einen nagelneuen Renault.

Meine erste Reise allerdings sollte nicht zu teuer werden. Es ist ja erstmal ein Reiseversuch und die Unsicherheit, was alles im kapitalistischen Ausland passieren kann, noch zu groß.

Noch schlimmer war, daß ich als Frau allein reisen mußte, weil sich von Freunden und Verwandten entweder niemand traute, mitzukommen oder die ihr Geld lieber in nützlichere westliche Dinge investierten.

Man fürchtete um meine Gesundheit, mein Geld und mein Leben.
Ich ließ mich nicht beirren, denn ich war noch jung und sehr abenteuerlustig.

Doch Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste und ich sollte und wollte lieber erstmal ein zivilisiertes europäisches Land aufsuchen, bevor ich mich den Yanomami am Amazonas oder den Pygmäen in Zentralafrika auslieferte.

1991 oder 92, (ist schon zu lange her) kam mir das Angebot eines Reiseanbieters für 10 Tage nach Spanien zu fahren, grade recht. Den Preis werde ich wohl nie vergessen.
310 DM incl. Busfahrt und Vollpension.

Den Namen des Anbieters nenne ich gerne, Andreesen, aus Nordeutschland. Den Reiseanbieter gibt es wohl nicht mehr.

Man wurde praktisch von zu Hause abgeholt und los ging es, auf große Bustour nach Spanien.
Wir waren nur ein paar Leutchen im Bus. Oha, ein Doppelstockbus, sowas kannten wir noch nicht. Natürlich saß ich oben, wegen der Aussicht.*gg*
Es war eine herrliche und entspannte Fahrt, wie ich sie später nie wieder erlebte. Wir hatten 2, auf der Rückfahrt sogar drei Busfahrer, die alle total nett und gut drauf waren. So richtige norddeutsche Fischköppe. Wären alle Busreisen so, ich würde nur noch solche Reisen machen. Leider waren sie die Ausnahme.
Ich glaube, wir fuhren circa 25 Stunden bis Spanien. Unterwegs hatten wir natürlich Pausen. Dabei sind mir die Raststätten in Frankreich in schlechter Erinnerung geblieben. Unfreundliche Leute, die wohl keine Deutschen mögen, pappige Brötchen, oder sowas ähnliches.

Unser Ziel war Lloret de Mar am Mittelmeer, irgendwann in der Vor-oder Nachsaison.
Leider kann ich mich nicht mehr erinnern, was dort so los war. Der Strand war nicht so besonders und wie fast überall in westlichen Küstengebieten bis fast ans Wasser mit Hochhäusern bebaut.
Ich weiß auch nicht mehr, wie und wo das Hotel war. Mitten in der Stadt jedenfalls.
Das Hotel war nicht schlecht, ich schätze, um die 3 Sterne.

Im Nachhinein muß ich sagen, war die Reise kein Nepp, sondern ich hatte wirklich den Eindruck, man wollte uns Ostbürgern Gutes tun und vorsichtig an das westliche Ausland heranführen. Damals noch.
Mein alter Fotoapparat versagte den Dienst und so hab ich nichts, woran ich mich orientieren kann, außer das bißchen Erinnerung, was hängen geblieben ist.

Ich machte Ausflüge mit und damit beginnt schon das Durcheinander. War ich nun in Madrid oder Barcelona?
Ist auch nicht wichtig, denn ich weiß absolut nichts mehr, falls ich dort irgendwas Wichtiges besucht hatte.
Dabei haben wir bestimmt Sehenswürdigkeiten geguckt, die man unbedingt gesehen haben muß, um weiterleben zu dürfen.

Dafür ist mir das im Gedächtnis geblieben, was wirklich Spaß gemacht hat.*gg*
Parasailing und der Ausflug zu Pferde mit anschließender Knoblauchfressparty.
Knoblauch kannte ich bis dahin kaum und heute kann ich kaum noch ohne leben.
Danke Spanien.*gg*

Ich bin noch nie geritten und wollte unbedingt mal auf einem Pferd sitzen. Schließlich hatte ich genug Indianerfilme gesehen, um zu wissen, das Reiten das Nonplusultra des freien Lebens und Abenteuertums ist.

Also ruff uff den Gaul.

Ein Gaul war es wirklich, allerdings ein ziemlich großer. Weil mir plötzlich der Mut abhanden kam, als ich sah, wie die anderen der Gruppe sich anstellten, zögerte ich so lange, bis nur noch der größte Gaul übrig war.
Ich weiß nicht mehr, wie ich da rauf kam, aber ich kam rauf.

Nach kurzer Einweisung, wie ich wo an den Zügeln zu ziehen hatte, ging es los in die Berge.
Aus heutiger Sicht denke ich, war es mit den Sicherheitsvorschriften nicht weit her.
Aber die waren mir sowieso egal, ICH saß auf einem Pferd und spürte die große Freiheit.
Die spürte ich besonders in den Bergen, rechts die Felswand, links der Abgrund, hinter mir Kurven, vor mir Serpentinen. Ansonsten Stock und Stein.
Das Pferd war ein braves Tier und nachdem mein Herz wieder da saß, wo es hingehörte, genoß ich den Ritt, der übrigens über mehrere Stunden ging. Mit Pausen, bei denen es nach längerem Ritt immer schwieriger wurde, vom und auf das Pferd zu kommen.

Nachdem meine späteren O-Beine wieder einigermaßen grade und formschön waren, ging es zur Party mit Sangria-Wettsaufen, welches ich gewann.
Nein, ich war nicht besoffen und gewann es trotzdem.
Der Sangria wurde nämlich in einer langschnäbeligen Karaffe ausgeschenkt. Diese Karaffe mußte man über den Kopf halten, den Weinstrahl mit dem Mund auffangen und dabei laut zählen. Wer am längsten durchhält, ohne sich zu verschlucken oder zu stottern, hat gewonnen, also ich. Der Preis war...eine Flasche Sangria. bääääh
Die teilte ich gerecht mit unserer Gruppe.

Die Knoblauchparty war fast das Schönste.
Dazu wurden herrliche Weißbrotstücke über Feuer geröstet, mit Knobi eingerieben und Olivenöl beträufelt.
War das eine Orgie...

Den Abend und den nächsten Tag hatten wir übrigens den Speisesaal des Hotels ganz für uns.*fg*
Auch pflegten unsere Mitmenschen im Hotel, die nicht bei dem Ausflug dabei waren, seltsamerweise kaum Kontakt zu uns.

An dem Ritt in die Berge hatte ich übrigens noch lange zu knabbern. Danach wußte ich auch, warum ich meinem Freiheitsdrang vielleicht doch lieber einige Grenzen setze.
Der blöde Sattel war hinten leicht nach oben gebogen und ich hatte mir in meiner teils verkrampften Sitzhaltung das Steißbein aufgerieben. Das merkte ich aber erst ein/zwei Tage später, als es schon ziemlich entzündet war.
Erst Wochen später heilte es richtig ab und war noch ein Jahr später als dunkler Fleck zu sehen.

An das Essen allgemein kann ich mich auch nicht mehr erinnern. Ich lebe noch, also kann es sooo schlecht nicht gewesen sein.

Dann fällt mir noch die Zaubershow im Hotel ein. Der Zauberer holte mich nämlich, um mir die Hand mit einer Mini-Guillotine abzuschlagen.
Vorher zeigte er an einer Mohrrübe, wie es annodazumal  Marie Antoinette erging.

Obwohl ich wußte, daß alles nur Trick und Illusion ist, traute ich dem Ding nicht über den Weg. Was, wenn der Zauberer irgendwas falsch machte und meine Hand futsch ist?
Meine Angst wirkte wohl echt. Immer, wenn der Zauberer den Hebel oder was auch immer betätigen wollte, zog ich panisch die Hand zurück. Dabei mußte ich schon über mich selber lachen. Trotzdem war mir nicht geheuer. Aber alle amüsierten sich köstlich.
Bis ein hübscher junger Franzose meine Hand festhielt.
Ich weiß bis heute nicht, wie die Mini-Guillotine funktioniert hat. Ich fühlte nur einen winzigen Schlag gegen mein Handgelenk, als das Beil fiel. Dann konnte ich die Hand natürlich unversehrt rausziehen.

Auch wenn nicht mehr viel erhalten geblieben ist, meine Erinnerung an Spanien ist schön.

Das, was Spaß gemacht hat, daran erinnert man sich gerne und immer wieder, aber die sogenannten Pflichtprogramme unter dem Motto: "Wenn man schon mal hier ist, muß man auch das oder jenes gesehen haben...", hab ich vergessen.
Ich war bestimmt im Prado und weiß es nicht mehr...
Ich Banausin....

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